24.03.2010

Warten

Unlängst wurde verkündet: Hertha bleibt vielleicht doch in der Bundesliga, schließlich fehlen nur noch fünf Punkte. Seltsam, denn eigentlich waren die Berliner doch schon abgestiegen – vor einer Woche. Ein Plädoyer für mehr Geduld.


»Fünf Minuten noch. Ist Werders Halbfinalspiel wirklich schon entschieden?«, sagte gestern Kommentator Thomas Wark kurz nach dem Tor zum 2:0 für Bremen. Das Zitat mag kein lehrbuchmäßiger Einstieg sein für einen Text, der weder von Werder Bremen, noch vom gestrigen Gegner FC Augsburg oder vom DFB-Pokal oder von Thomas Wark handelt. Wir merken es uns trotzdem mal.

Geduldig für:

Wer gerade erst beginnt, sich für Fußball zu interessieren, hat es nicht leicht in diesen Tagen. Verwirrendes wird berichtet. »5:1 bei Meister Wolfsburg – Herthas Hoffnung heißt Gekas« heißt es etwa im Hamburger Abendblatt, »Neue Hoffnung für Hertha BSC« sieht Die Welt. »Hertha lebt noch« (Tagesspiegel), »Herthas Auferstehung vor Ostern« (Yahoo! Eurosport).

Hertha BSC? Waren die nicht schon abgestiegen? Ja, waren sie; vor gar nicht so langer Zeit, vor einer Woche nämlich. Nachdem an jenem 26. Spieltag Angelos Charisteas den Nürnberger Siegtreffer in Berlin erzielte und in der Nachspielzeit aus einem Punkt für die Hertha null Punkte gemacht hatte, stand fest: »Der Abstieg ist besiegelt« (Berliner Morgenpost). Hier gingen »die Lichter« (ZDF) und »der Ofen aus« (nachrichten.at), Berlin war die »Abstiegs-Hauptstadt!« (BILD), und nicht nur bei Indirekter Freistoß ging man der Frage nach: »Wer ist schuld an Herthas Abstieg?«

Denn es war natürlich unmöglich abzusehen, daß die Hertha eins der nächsten Spiele, möglicherweise sogar in Wolfsburg, gewinnen könnte. Daß die anderen Abstiegskandidaten gleichzeitig womöglich nicht alle punkten würden. Daß der Rückstand nicht mehr acht, sondern nur noch fünf Punkte betragen würde – bei dann noch sieben ausstehenden Spielen.

Sieben Spiele. Erinnert sich noch jemand? Am 20. Spieltag lag Bremen sieben Punkte hinter dem Europapokalplatz fünf. Über Werders neue Mittelmäßigkeit wurde seitenweise und stundenlang doziert; sieben Spiele später waren sie selber Fünfter. Gewiß, die Schweden sind keine Holländer (Franz Beckenbauer) und Berlin ist nicht Bremen. Aber die Berliner Konkurrenten sind auch nicht die Bremer Konkurrenten. Es kann viel passieren in sieben Spielen.

Schon in einem Spiel kann viel passieren. Und hier kippt das Phänomen komischerweise ins andere Extrem: Bevor sich etwa mancher Kommentator auf einen Sieger festlegt, muß es – Minimum – 4:0 kurz vor Abpfiff stehen. 2:0 für Werder in der 84. gegen einen Zweitligisten: Ist das Spiel wirklich schon entschieden? Warum nicht mal den Mittelweg beschreiten zwischen Alles ist noch möglich! und Nichts geht mehr! Und warum nicht eine Saison mal als sowas wie ein langes, langes Spiel betrachten?

Nun ruht der Fußball nicht in erster Linie auf dem Analogiebildungs- und Abstraktionsvermögen der Beteiligten. Daß aber eine Branche, die seit einem halben Jahrhundert darauf pocht, daß ein Spiel 90 Minuten dauert, mit dem eigentlich naheliegenden Gedanke fremdelt, daß eine Saison eben 34 Spieltage währt, überrascht irgendwie doch.

Die bizarre Angewohnheit, nach einer Dreiviertelsaison einen Abstieg zu vermelden oder nach einer Viertelsaison Titelchancen auszuloten (Hoffenheim? 2008/2009?) erinnert ein bißchen an jene Menschen, die nach dem ersten Kapitel eines Buches zum Ende blättern – um nachzugucken, wie es ausgeht, weil sie die Spannung nicht ertragen. Das Ende der Saison steht aber nirgendwo. Denken sich die Ungeduldigen in Fernsehen, Zeitung und Kneipe deshalb einfach selber eins, um Ruhe, Gewißheit und Halt zu finden? Das mag ja einmal angehen, man nennt es Prognose. Aber jede Woche? Und jede Woche ganz anders?

Natürlich ist der Tabellenletzte mit acht Punkten Rückstand nach 26 Spieltagen nicht das Idealsujet für visionäre Erstligareportagen. Für keck formulierte Abstiegsbekanntmachungen allerdings auch nicht. Gut möglich, daß Berlin am Ende absteigt. Es gäbe Schlimmeres im Leben und für die Liga. Möglich, daß sie sich in die Relegation retten und auf diesem Weg drinbleiben. Möglich sogar, daß sie 15. werden.

Sieben Spiele noch. Ist Herthas Abstieg wirklich schon entschieden? Warten wir’s doch einfach ab.

(Text für die »11 Freunde«)

01.12.2009

Denn sie müssen nicht, was sie tun

Man weiß gar nicht, was peinlicher ist: Sportreporter, die vergessen haben, daß sie Journalisten sind, oder Sportreporter, die so tun als wären sie richtige Journalisten. Erstere haben vor allem im Bayerischen Rundfunk die Methode perfektioniert, völlige Distanzlosigkeit in Frageform zu gießen. Letztere sind die, die immer dann unbequeme Fragen stellen, wenn sich ihr Gegenüber gerade in der schwächstmöglichen aller Fußballpositionen befindet: ein Trainer oder sonstig sportlich Verantwortlicher, dessen Mannschaft die letzten fünf, sechs, sieben Spiele verloren hat.

Aufgeregt für:

Dann sind sie alle da und werden auf einmal das, was sie wohl kritisch nennen. So war es zu Beginn der Saison in Berlin, später in Stuttgart, es wird sich in Köln wiederholen, vielleicht sogar noch einmal in Berlin. Gemeinsam lauern sie den Favres, Babbels, Soldos und ihren Sportdirektoren auf und haken nach. Sie tun das mit einer harmlos anmutenden Floskel, die in Wirklichkeit eine der ekelhafteren aus dem Reporterrepertoire ist und so geht: Ich muß das jetzt fragen.

Ich muß das jetzt fragen: Herr Babbel, wie schätzen Sie die Sicherheit Ihres Arbeitsplatzes nach den letzten Ergebnissen ein? – Die Frage muß in dieser Situation kommen: Hat Ihr Trainer noch das Vertrauen der Vereinsführung? – Lucien Favre, Sie wissen, ich muß das jetzt fragen: Haben Sie den Eindruck, beim nächsten Spiel noch auf der Trainerbank sitzen?

Warum sie das fragen müssen, erwähnen sie nicht. Natürlich nicht, sie müssen ja keineswegs. Diese Einleitung ist nichts anderes als eine vorausgeschickte Rechtfertigung, daß gleich etwas kommt, das dem Fragenden selbst nicht ganz geheuer ist – aber raus muß. Die behauptete Recherchepflicht soll das billige Vorführen argumentloser Gesprächspartner kaschieren und die schreiende Unoriginalität der Frage.

Faltige Stirnen und billige Siege

Um welche neue Nachricht könnte es auch im Ernst gehen? Die einzige Antwort mit Informationswert (»Der Trainer fliegt morgen.« / »Ja, ich trete nachher zurück.«) werden sie nicht bekommen, und das wissen sie. Wann wurde die letzte Personalentscheidung kurz nach dem Spiel im Pressebereich getroffen und vermeldet? Nein, sie werden das Dementi hören, das sie gegenüber ihren Lesern oder Zuschauern süffisant anzweifeln können. Die Stirne wird in geheuchelter Besorgnis gerunzelt werden, von den »Mechanismen des Geschäfts« wird die Rede sein.
Oder sie werden ausweichende und unsichere Gegenphrasen hören und sich wie harte Interviewer fühlen und im übrigen die gleiche Süffisanz abspulen.

Es ist eine Situation, in der der Reporter mit seiner Frage in einem billigen Sinne nur gewinnen kann. Das ist zu leicht. Es ist langweilig. Jemanden, der mit gebundenen Händen mit dem Rücken zur Wand steht, in Bedrängnis bringen zu wollen, fesselt ungefähr genauso wie der Ehrentreffer in der 82. zum 7:1. Und schäbig wird es, wenn man das alles auch noch in eine Floskel verpackt und als Sachzwang verkauft. Wenn sie wirklich nicht fragen wollten, würden sie es lassen.

Überrascht uns!

Das Tragikomische daran ist, daß sich die Phrase eigentlich so offensichtlich selbst verrät. Kein Mensch, von einfühlsamen Kriminalinspektoren vielleicht mal abgesehen, leitet eine Frage mit dem Hinweis ein, er müsse ja. Nicht wenn die Frage ehrlich ist und das Interesse an der Antwort aufrichtig. Alles andere ist das Prinzip Kerner: Den niederen Instinkten freien Lauf lassen, sich aber im gleichen Moment vorsichtshalber selbst davon distanzieren; genau wissen, daß man etwas aus der untersten Schublade hervorholt, aber so tun, als würde es von allein und zwangsläufig auf dem Tisch landen.

Reporter! Überrascht uns doch mal. Überrascht uns ziemlich, indem ihr die langweiligste aller Fragen mal gar nicht stellt. Oder überrascht uns wenigstens ein bißchen, indem ihr so ehrlich seid, eure Einfallslosig- und Scheinheiligkeit nicht hinter noch einfallsloseren und scheinheiligeren Phrasen zu verstecken.


(Leicht überarbeitete Variante eines Artikels für die »11 Freunde«)

26.08.2009

Psycho

Es ist das Schreckgespenst aller Fußballigen der Welt: Das Tor zum psychologisch ungünstigen Zeitpunkt. Doch wie viele Teams hat es tatsächlich schon ins Verderben gestürzt? Wir kommen der Floskel auf die Schliche.


Wer etwas Wichtiges vorhat, womit er jemanden beeindrucken oder sogar schockieren möchte, der sollte damit bis kurz vor der Halbzeitpause des nächsten Fußballspiels warten. Oder darauf, daß eine der Mannschaften gerade großen Druck ausübt, ohne dabei ein Tor zu erzielen. Das sind die »psychologisch günstigen Zeitpunkte«, wie Fußball-Kommentatoren nicht müde werden zu betonen, wenn in diesen Situationen ein (Gegen-)Tor fällt.

»Floskel-Check« für:

Die Leser wenden nun ein, daß dies doch wohl nur auf dem Platz und für die beteiligten Akteure gelte, was also der Unsinn solle. Wir fragen kühl zurück, ob denn die Sinndichte tatsächlich höher ist, wenn man den Geltungsbereich der Wendung auf den Fußballplatz beschränkt.

Selbst Psychologieverehrer wie den Erfinder der »Staubsaugervertretermentalität« als Erfolgsrezept für treffunsichere Stürmer beschleichen manchmal Zweifel: »Das Gegentor fiel zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt«, floskelte Christoph Daum einmal, schob aber gleich nachdenklich hinterher: »Man muß an dieser Stelle auch einmal die Frage stellen, ob es Gegentore gibt, die zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt fallen.«

In der Tat muß man diese Frage an dieser Stelle einmal stellen. Was ist so viel besser an einem Gegentor in der 29. Minute im Vergleich zu einem in der 44.?

Die Psychologen argumentieren, ein Tor kurz vor der Halbzeit falle dem Gegner besonders aufs Gemüt, weil er keine Gelegenheit habe, unmittelbar zu reagieren, und daß er mit dem demotivierenden Gefühl in die Kabine schleiche: Das hat doch jetzt auch nicht mehr sein müssen. Das Gegenargument lautet: Ja, und?

Natürlich ist ein Tor eine Minute vor der Halbzeit nicht schön. Ein Tor 44 Minuten vor der Halbzeit ist aber auch nicht schön. Das musste gleich zu Beginn doch wirklich noch nicht sein. Und nicht nur das. Ist es denn nicht sogar noch wesentlich nachteiliger, nach einem frühen Gegentor 15 Minuten konsterniert auf dem Platz herumzualibipassen als nach einem späten Gegentor 15 Minuten konsterniert in der Kabine zu sitzen – was zwar keinen Spaß macht, aber wenigstens keinen Schaden anrichtet? Erstaunlich, daß sich im Kommentatoren-Fachkreis noch keine ernsthaft konkurrierende Denkschule durchgesetzt hat, die das ganz frühe Tor als psychologisch günstig propagiert.

Welches Minüterl hätten S' denn gern?

Man kommt der Floskel schnell auf die Schliche, wenn man den Weg, den Christoph Daum intuitiv beschritten hat, einmal weitergeht und die Gegenprobe macht. Wenn das Tor zum psychologisch günstigen Zeitpunkt fiel, wäre es dann zehn Minuten eher nicht so gut gewesen? Dann haben wir Mitte der ersten Halbzeit zwar das Tor gemacht, aber das war zu diesem Zeitpunkt psychologisch ganz ungünstig. Man wartet noch auf diesen Standpunkt.

Genauso andersherum: Wenn das Gegentor in der 45. Minute psychologisch so ungünstig war, welche Phase wäre denn psychologisch von Vorteil gewesen? Wann mögen Sie denn Ihre Gegentore am liebsten? Welches Minüterl hätten S' denn gern?

Tore sind immer schön – wenn man sie macht. Und sie sind immer ernüchternd – wenn man sie bekommt. Ganz egal wann. Nicht der Zeitpunkt ist psychologisch bedeutsam, sondern das Tor selbst. Darüber ist natürlich schlecht reden; das ist sogar den wenig zimperlichen Fußballsprechern zu banal, wahrscheinlich sogar Reinhold Beckmann.

Wer der argumentativen Kraft des Sachlichen nicht folgen mag, den überzeugt vielleicht die bezwingende Kraft des Faktischen. Im Zusammenhang mit seinem Buch »Das Lexikon der Fußballirrtümer« zitiert der Autor Roland Loy das Ergebnis einer statistischen Untersuchung: »Der Londoner Professor Peter Ayton hat anhand einer Studie zu über 350 Spielen der Premier League mit dem Halbzeitergebnis 1:0 festgestellt, dass keinerlei Zusammenhang zwischen dem Resultat am Ende des Spiels und dem Zeitpunkt des Torerfolgs besteht. Es ist also völlig egal, wann man das 1:0 erzielt.«

Nicht den blöden Zeitpunkt für das Gegentor vermeiden, sondern lieber gleich das Tor, lautet die pfiffige Devise. Das wußte sogar Thomas Häßler: »Wir wollten in Bremen kein Gegentor kassieren. Das hat auch bis zum Gegentor ganz gut geklappt.«


(Artikel für die »11 Freunde«)

19.03.2009

Die Unverdienten

Die Rede vom »unverdienten Sieg« ist nicht neu. Ungewöhnlich ist, daß ein Trainer damit die eigene Mannschaft meint. So geschehen nach dem Bundesliga-Spiel Karlsruher SC gegen Arminia Bielefeld, als Arminen-Trainer Michael Frontzeck den Reportern in die Blöcke diktierte, seine Mannschaft habe wohl »unverdient gewonnen«, müsse sich dafür aber »nicht entschuldigen«.

Richtig ist der zweite Teil der Analyse. Niemand sollte sich dafür entschuldigen müssen, gewonnen zu haben. Auch nicht bei unverdienten Siegen? Auch dann nicht. Grund: Es gibt keine unverdienten Siege. In der an kuriosen Floskeln nicht eben armen Fußball-Welt ist der unverdiente Sieg vielleicht die kurioseste, gern und oft sprachlich variiert als »bessere Mannschaft, die verloren« habe.

»Floskel-Check« für:

Ein Spiel – und gerade Floskelfreunde sollten das wissen – dauert 90 Minuten; und manchmal noch ein bißchen länger. Haben Sie schon einmal 90 Minuten in einem tristen Wartezimmer gesessen? Oder anderthalb Stunden lang eine volle 2-Liter-Flasche am ausgestreckten Arm gehalten? Wer es in 90 langen Minuten nicht schafft – gegen das hinterher dann als schlechtere Mannschaft deklarierte Team – ein Tor zu schießen, der kann sehr vieles gewesen sein: engagierter, zweikampfstärker, spielfreudiger. Lauffreudiger. Paßsicherer. Er kann im Grunde alles gewesen sein, nur eines nicht: besser.

Wenn man über Einzelaspekte wie Attraktivität, Kreativität oder Kampfgeist sprechen möchte, benenne man das und rede darüber. Wenn man wissen möchte, wer besser war, werfe man einen Blick auf die Anzeigetafel – statt ratlos in die Kameras zu gucken und ungute Floskeln zu erfinden.

Gewiß, gibt so Tage. Man spielt den Gegner schwindlig oder an die Wand oder beides, aber das Ding geht nicht rein. »Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.« (Andreas Brehme) Der Trick besteht allerdings darin, die Dinge dann nicht durcheinander zu bringen. Man war nicht eigentlich besser, hatte aber leider Scheiße am Fuß; sondern weil man Scheiße am Fuß hatte, war man heute eben mal nicht besser. Von zwanzig sensationell herausgespielten Chancen keine reinzumachen, ist: nicht gut. Wenn der Gegner dann aus einer durch einen sensationellen Fehlpass eingeleiteten Chance ein Tor macht, dann ist das: gut. (Im übrigen gehört es andersrum zum besser sein dazu, keine sensationellen Fehlpässe zu spielen.)

Man ist angetan vom ansehnlichen, beherzten Spiel und vergißt, daß nicht Kampfrichter das Spiel entscheiden, sondern Tore. Die, die man schießt, und die, die man nicht zuläßt. Liegt es an dem im Vergleich sehr viel ungünstigeren Verhältnis von Spieldauer und Zählbarem, daß sich die Wahrnehmung vom eigentlichen Ziel des Spiels auf die Mittel verschiebt? Keiner weiß es. In anderen Sportarten aber scheint der Blick aufs Geschehen weitaus klarer zu sein. In der Tennisszene ziemlich unbekannt ist der Satz: »Ein etwas unverdienter Sieg für Roger Federer; Djokovic war heute klar der bessere Spieler.« Ebenfalls sehr selten hörte man bisher auch den Zweitplatzierten nach Hundertmeter-Läufen sich beklagen, er sei der Bessere gewesen und hätte den Sieg verdient gehabt.

Zu wenig vergleichbar? Auch im Mannschaftssport Basketball ist die Floskel nicht sehr verwurzelt. Doch bleiben wir ruhig auf dem Fußballplatz: Man muß schon etwas länger suchen, bis man jemanden findet, der über einen unverdienten Torschützenkönig klagt und argumentiert, der Zweitplatzierte sei der eigentlich Bessere gewesen – hätte halt nur nicht so oft getroffen. Das wäre sehr albern. Weniger albern ist es, ganz einfach den Blick für das Entscheidende zu wahren.

Ein Plädoyer für kühlen Effizienzfußball? Ganz und gar nicht. Nicht zuletzt deshalb nicht, weil attraktives Spiel viel häufiger auch das bessere, erfolgreichere Spiel ist, als es das Klischee annimmt. Siehe Hoffenheim in der Hinrunde. Siehe Tabellenführer England. Siehe Tabellenführer Spanien.

Im ganzen: Michael Frontzeck kann sich entspannen. Seine Bielefelder waren am Wochenende durchaus nicht das Maß der Dinge in Sachen Offensivfeuerwerk und Torerfolg; die Karlsruher aber waren ganz offensichtlich noch schlechter. Mit welchem Kampfgeist und welch ansehnlicherem Spiel auch immer. Es stand auf der Anzeigetafel. Und diese steile These muß erlaubt sein: Wer schlechter war, war nicht besser. Wirklich nicht.

Wer es nicht schafft, zu gewinnen – der hat es auch nicht verdient.


(Langfassung eines Textes für die »11 Freunde«)

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