Das Wort des Tages

Azimutalprojektion*

Sehr schön, nicht wahr? So schön, daß es fast egal ist, was das überhaupt bedeutet. Aber eben nur fast. Wir sind nämlich neugierig.

Sie nicht? Prima, dann sind Sie schon fertig. (Aber kommen Sie bald wieder!) Wir hingegen fangen jetzt erst an. Leider.

Nun? Von Projektionen haben wir schon gehört, doch was bedeutet »azimutal«? Das Lexikon weiß, es beziehe sich auf ein gewisses »Azimut«, und berichtet weiter:

Azi'mut, das/der; -s,-e ASTRONOMIE Winkel eines Höhenkreises mit dem Südmeridian in Grad

Das also ist die simple Antwort, die nur den kleinen Nachteil hat, daß sie zwei neue Fragen aufwirft. Worum handelt es sich bei einem Höhenkreis, und was genau ist der Südmeridian? Wir gehen der Sache nach.

Wie sich herausstellt, ist ein Höhenkreis ein Vertikalkreis, von dem sich wiederum herausstellt, daß er ein Großkreis ist. Ein Höhenkreis ist also ein Großkreis, und ein Großkreis ist jenes imaginäre Gebilde, das entsteht, wenn man senkrecht nach oben schaut und den genau über einem liegenden Punkt am Firmament (Zenit) mit dem verbindet, der auf der gedachten Himmelskugel genau unter einem liegt (Nadir). Ein ziemlich großer Kreis rund um den Betrachter herum. Also genau das, was der Astronom wohl auch einen Meridian nennt.

Wir halten fest: Höhenkreis = Vertikalkreis = Großkreis = (astronomischer) Meridian. Demnach ist der Südmeridian nichts weiter als genau der imaginäre Kreis um einen herum, der entsteht, wenn man bei der Prozedur ganz zufällig nach Süden schaut.

Jetzt versteht man auch obigen Lexikoneintrag. Ein Azimut ist also einfach der von oben betrachtete Winkel zwischen der eigenen Blickrichtung und der Luftlinie nach Süden.

Na bitte. Allerdings hätte man das auch schneller herausfinden können, wenn man gleich ins Lexikon der Astronomie geschaut hätte:

Der Azimut ist der von Süden nach Westen positiv gezählte, entlang des Horizonts gemessene Winkel zwischen der Südrichtung und der Richtung, in der ein Beobachter ein Gestirn sieht.

Und »Azimutalprojektion«? Dies schöne Wort meint dann wohl: Die Lage irgendwelcher Punkte oder Objekte oder Orte, die sich gemeinsam auf einer Kugel oder einem sonstwie gekrümmten Körper befinden, wird nur in der Draufsicht oder »entlang eines Horizonts« betrachtet – sie werden also auf einer Ebene dargestellt, was ja alles absolut dasselbe ist. Aus drei Dimensionen werden zwei, das Krumme muß aufs Flache.

Das Ergebnis kann man sich zum Beispiel daheim im Atlas ansehen. Man kann auch ein simples Foto von der Erde machen und hat auch schon eine Art Azimutalprojektion. Im übrigen kann man all diese Begriffe auch toll mit anderen wahnsinnigen Wörtern kombinieren.

Wie gefällt Ihnen etwa »ellipsoidisches Azimut«? Oder was ist mit »Mittelabstandstreuen und Lambertschen Azimutalprojektionen«?

Unser Tip: Einfach im Buchladen mal nach dem dritten Band der Reihe »Das ellipsoidische Azimut im Zerrspiegel der Lambertschen Projektionstheorie« fragen. Könnte Spaß bringen.

Alles in allem: Viele Fragen geklärt. Außer vielleicht, wen um Himmels Willen das ganze Zeug interessieren soll.

Danke.

*) Das Wort tauchte auf bei Nachforschungen zu der Diskussion über die Frage, wie ein Mann namens Eratosthenes schon vor tausenden von Jahren den Erdradius ungefähr bestimmen konnte. Fragen Sie aber nicht, wie zur Hölle man darauf kam.