11.07.2008

Weniger Bürokratie wagen?

von Stefan Wedler


Gestern schlug mein Mitbewohner vor: »Weniger Bürokratie wagen!« – als einen guten Wahlkampfslogan. Leider fiel uns auch nach intensiver Überlegung nicht ein, welche Partei diesen Slogan – glaubwürdigerweise – verwenden könnte.

Indes kam ich auf den Gedanken, daß die Forderung »Weniger Bürokratie wagen« im Grunde auch absurd ist: Denn wenn es nun schon einmal diese ganze Bürokratie hat, dann ist es das beste, sie wenigstens platzsparend auf einem Haufen zu lagern. Haufen aber sind unflexibel, wenn sie mal woanders hin sollen.

Die Lösung ist simpel: Haufen mit Rädern unten dran. Sogenannte Bürokratiewagen, in die man eine Unzahl Ordner einhängen und dann damit umherfahren kann.

Die Forderung nach »weniger Bürokratiewagen« kann ich deshalb nicht mittragen, weil ich in meinem Büro nur einen einzigen Bürokratiewagen besitze; und wenn ich weniger hätte, stünde hier gar keiner mehr. Was nicht weiter schlimm wäre, denn ich persönlich verabscheue Bürokratie und habe noch nie eins von den im Bürokratiewagen abgelagerten Dokumenten gebraucht.

Indes dient der hintere und durch Akten verdeckte Teil des Bürokratiewagens mir als Geheimlager für diverse Mangelwaren – und dafür müßte ich erstemal ein neues Versteck suchen, falls ich weniger Bürokratiewagen haben sollte.

Viele dieser politischen Forderungen sind nicht bis zum Ende durchdacht. Das gilt auch für das Verlangen »Mehr Demokratie wagen!« – Ich würde im Leben nicht mit einem Demokratiewagen fahren wollen – wo sich jedes Rad extra profilieren will und der Bremsdruck zunächst an einen Vermittlungsausschuss überwiesen wird, und am Ende gibt es dann einen faulen Kompromiß mit etwas Bremsen und etwas Gasgeben oder so. Nee, also dat wär mir nix.

vorherige Seite →← nächste Seite